Eine Führungskraft sagt mir im Coaching: „Ich nehme vieles, was andere sagen, direkt persönlich." Das arbeitet in mir. Das Gefühl, mich in Auseinandersetzungen angegriffen zu fühlen, kenne ich auch. Ich mag es nicht. Die Opferhaltung macht mich klein und setzt mich unter Druck. Was mir hilft, ist die Erkenntnis:
Menschen, die aggressiv, vorwurfsvoll oder wütend sind, haben Angst. Sie haben Angst, nicht gesehen zu werden. Angst, nicht gehört oder verstanden zu werden. Angst, nicht anerkannt oder geliebt zu werden. Also: Reichen Sie Menschen die Hand, die Widerstand leisten. Sie brauchen mehr denn je Verständnis und Zuwendung. Kurzum: Wertschätzung. Wertschätzung hilft auch dabei, dicke Luft an Weihnachten zu vermeiden.
Wenden Sie sich achtsam Freunden, Familienmitgliedern oder Kolleginnen und Kollegen zu. Bekunden Sie Verständnis, wenn Ihre Mitmenschen frustriert oder enttäuscht sind. Hören Sie zu, fragen Sie umsichtig.
Wer wahrnimmt, was andere brauchen, geht einen Riesenschritt auf sein Gegenüber zu. Wer überdies einfühlsam die Signale benennt, die Frauen oder Männer aussenden, stärkt Verbundenheit.
Wichtig dabei: Sie stellen Ihre eigenen Interessen zunächst zurück. So beruhigen Sie geschwächte oder aufgebrachte Gemüter. Das ist essenziell. Der Grund: Sind Menschen wütend, enttäuscht, frustriert oder traurig, sind sie nicht mehr in der Lage, rational zu denken. Kräftezehrende Emotionen überlagern die Ratio. Überhitzte Gemüter können sich demnach unmöglich sachlichen Argumenten öffnen oder auf Sie zugehen.
Diese Menschen sind emotional in Not und brauchen Wertschätzung, um sich zu entspannen und sich einem Miteinander zu öffnen.
Hören Sie gut zu und würdigen Sie das, was Ihr Gesprächspartner oder Ihre Gesprächspartnerin sagt. Damit reichen Sie Ihrem Gegenüber die Hand. Nicken Sie mit dem Kopf, äußern Sie ein ehrliches „Aha", „ach so" oder „mmh". Das kann Wunder wirken. Und: Wiederholen Sie die Worte, die Sie gehört haben, exakt. Und beschreiben Sie in anderen Worten das, was bei Ihnen ankommt. Das gilt auch für die Zwischentöne, die in dem Gesagten mitschwingen.
Paul Watzlawick sagt: „Ich weiß nicht, was ich gesagt habe, bevor ich die Antwort meines Gegenübers gehört habe."
Aktives Zuhören setzt Fingerspitzengefühl voraus. Dass Sie auf der richtigen Spur sind, erkennen Sie daran, dass Ihnen augenblicklich ein „Ja" oder „Ja, genau!" entgegenkommt. Wenn Sie aktiv zuhören, ermöglichen Sie Ihren Mitmenschen außerdem, korrigierend einzugreifen. Das klingt etwa so: „Nein, mir geht es nicht um Gerechtigkeit. Mir geht es darum, dass wir offen miteinander kommunizieren."
Wenn Sie andere verstehen und sich in deren Perspektive hineinversetzen, heißt das noch lange nicht, dass Sie der anderen Seite Recht geben - oder sich gar selbst aufgeben.
Entfachen Sie die Magie des Dialogs, indem Sie gute Absichten hinter negativen Aussagen herausfiltern. Ein Beispiel aus dem Berufsleben: „Es regt mich auf, dass Herr Schulze das neue Projekt leitet, obwohl ich auf dem Weg dorthin wesentliche Fortschritte erzielt habe", sagt ein Kollege. Sie antworten etwa so: „Ich verstehe, Ihnen liegt es am Herzen, einen wesentlichen Beitrag zu leisten und Verantwortung zu übernehmen. Sie wünschen sich, dass ich Ihr Engagement anerkenne und Ihre Ergebnisse würdige."
Beziehungen stärken Sie außerdem, wenn sie enttäuschten Menschen greifbare Angebote unterbreiten: Weiterbildung, Sonderaufgaben oder Verantwortung in neuen Projekten. Sind diese Schritte nicht vertretbar, legen Sie die Gründe nachvollziehbar dar.
Beherzigen Sie: Wohlwollen und Transparenz fördern Vertrauen.
Achtung: Wer in den Kategorien 'richtig' oder 'falsch' unterwegs ist, befeuert den Disput. Unterstellungen, Provokationen, Vorwürfe, Schuldzuweisungen und Angriffe sind genauso tabu wie Rechtfertigungen oder Dementis. Erheben Sie sich nicht über Ihre Gesprächspartner.
Menschen mauern, wenn Sie sie in eine Schublade stecken. Münzen Sie vermeintliche Angriffe gedanklich in eine Einladung um, die andere Person und deren Welt zu erkunden.
Verzichten Sie darauf, Ihre Positionen zu untermauern („Ich bestehe darauf, weil..."). Legen Sie Ihre Sicht der Dinge dar und zeigen Sie ehrliches Interesse dafür, Ihr Gegenüber wirklich zu verstehen.
Reflektieren Sie sich selbst und bewahren Sie Ruhe. Nehmen Sie eine wohlwollende Haltung ein und gehen Sie vom Besten aus. Fühlen Sie mit der oder dem anderen. Kultivieren Sie Empathie. Dann fällt es Ihnen leichter, Widerstand nicht persönlich zu nehmen. Und Sie sind eher bereit, offene Kritik anzunehmen, um den ‚blinden Fleck' Ihrer Persönlichkeit zu lichten.
Schenken Sie anderen und sich sich selbst Wertschätzung. Ich wünsche Ihnen und Euch eine segensreiche Advents- und Weihnachtszeit.
Ihre und Eure
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